1. Warum soll ich gegen CETA demonstrieren? Was ist daran zu kritisieren?
Als Handelsabkommen neuen Typs zielt CETA nicht nur auf den Abbau von Zöllen, sondern auch darauf, sogenannte „nichttarifäre Handelshemmnisse“ zu beseitigen. Darunter fallen zum Beispiel Umweltschutzbestimmungen, bewährte Standards des Verbraucherschutzes oder auch die Kulturförderung. CETA und TTIP greifen so tief in den Alltag der Menschen und in die politischen Prozesse in den beteiligten Staaten ein, dass sie nicht einfach über die Köpfe der Menschen und der gewählten Parlamente hinweg beschlossen werden können.
Die Hauptprobleme:
Internationale Schiedsgerichte: Mit CETA können Großunternehmen über kanadische Tochtergesellschaften EU-Mitgliedsstaaten auf Schadensersatz verklagen, wenn neue Gesetze ihre Profite schmälern. Auch das von der EU-Kommission als Verbesserung verkaufte ICS (Investment Court System) lässt wesentliche Probleme ungelöst: Es schafft eine Paralleljustiz für ausländische Konzerne, aus der diesen nur Vorrechte, keine Pflichten erwachsen. Zudem bleibt unklar, warum ausländische Investoren in der EU oder in Kanada sich nicht einfach an die dortigen Gerichte wenden und den normalen Rechtsweg beschreiten sollen wie alle anderen auch.
Regulatorische Kooperation: Hinter diesem Begriff versteckt sich ein Verfahren, in dem Interessengruppen, die mehrheitlich aus Lobbyisten einflussreicher Konzerne bestehen, Einfluss auf die Gesetzgebung bekommen sollen. Die Regulatorische Kooperation stellt letztlich jede bestehende und künftige Regelung auf den Prüfstand. Einziges Kriterium dabei ist der freie, möglichst unbeschränkte Handel. Nachhaltigkeits- oder Menschenrechtsfragen werden im Rahmen der regulatorischen Kooperation nicht geprüft.
Liberalisierung im Dienstleistungssektor: Der Druck zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen würde mit CETA steigen, die Gemeinden in ihrer Entscheidungshoheit über öffentliche Belange eingeschränkt. Als erstes EU-Abkommen überhaupt verfolgt CETA einen Negativlistenansatz: Für alle Dienstleistungsbereiche, die in der Negativliste nicht aufgelistet sind, werden Liberalisierungsverpflichtungen eingegangen. Im Auftrag des Staatsministeriums Baden-Württemberg hat der Staatsrechtler Prof. Dr. Martin Nettesheim ein Gutachten über die Auswirkungen von CETA auf die Länder und Kommunen verfasst. Er kommt zum Schluss, dass die kommunale Daseinsvorsorge durch CETA gefährdet ist.
2. Warum richten sich die Demonstrationen auch gegen TTIP, wo doch die Entscheidung zu CETA im Vordergrund steht?
Das CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada gilt als Blaupause für das TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA. Beide Abkommen sind eine Gefahr für unsere Demokratie, Sozial- und Umweltstandards und die öffentliche Daseinsvorsorge. Während TTIP noch in der Verhandlungsphase ist, liegt CETA bereits ausverhandelt vor und soll nun beschlossen werden. Obwohl die Verhandlungen stockend vorangehen, behalten wir mit unseren Demonstrationen gegen CETA auch TTIP weiter im Blick. Denn die Debatten um CETA strahlen auch auf die anstehenden Verhandlungsrunden zu TTIP aus!
Generell gilt es, die demokratiegefährdenden Handelsabkommen neuen Typs zu stoppen und einen gerechten Welthandel zu fordern, der die Belage der Zivilgesellschaft berücksichtigt statt sie zu Gunsten von Konzerninteressen auszublenden.
3. Warum ausgerechnet am 17. September demonstrieren? Warum ist der Termin so wichtig?
Die Zeit drängt, denn die EU-Kommission und der EU-Rat wollen jetzt schnell Fakten schaffen! Direkt vor der entscheidenden Woche, in der das informelle Treffen der EU-Handelsminister in Bratislava am 23. September angesetzt ist, wollen wir wieder – wie bereits im vergangenen Oktober in Berlin! – eine Viertelmillion Menschen auf die Straße bringen.
In Bratislava soll der Weg für die Unterzeichnung von CETA und für eine vorläufige Anwendung frei gemacht werden. Wir werden mit unserem bundesweiten Demonstrationstag in sieben Städten unmittelbar vorher ein Zeichen setzen, um das zu verhindern!
4. Warum sieben Demonstrationen gleichzeitig?
Die Landesregierungen müssen im Bundesrat über CETA entscheiden – das Abkommen wird nur ratifiziert, wenn es in der Länderkammer eine Mehrheit erhält. Mit unseren bundesweit sieben Demonstrationen in sieben Bundesländern werden wir die einzelnen Landesregierungen in die Pflicht nehmen!
Wir wollen damit jetzt den Druck auf die Bundesregierung und die EU-Kommission weiter erhöhen, denn der Entscheidungsprozess über das CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada steht kurz vor Abschluss. In enger Zusammenarbeit mit den regionalen und lokalen Bündnissen gegen CETA und TTIP führen wir den europäischen Regierungen ein weiteres Mal die Breite der Ablehnung gegen undemokratische Handelsabkommen eindrucksvoll vor Augen!
5. Zu welcher Demonstration soll ich fahren?
Sieben große Demonstrationen auf einmal – da fällt die Auswahl nicht leicht! Um die Entscheidung zu erleichtern, haben wir eine Karte gezeichnet, die anzeigt, welche Region am 17. September in welcher Stadt vertreten sein wird. Selbstverständlich ist das nur als ein möglicher Vorschlag zu begreifen – über Anreisemöglichkeiten zur allen Demonstrationen können Sie sich in unserer Mitfahrbörse informieren. Dort können Sie direkt sehen, welche Busse und andere Reisegemeinschaften aus Ihrer Stadt zu welcher Demonstration fahren.
6. Wie ist der Umgang mit rechten Einzelpersonen oder rechten Gruppen, die gegen CETA und TTIP mitdemonstrieren wollen?
Wir treten ein für eine solidarische Welt, in der Vielfalt eine Stärke ist. Die Freihandels-Kritik von rechts stützt sich auf völkisch-nationalistische Motive und damit auf Ausgrenzung und Abwertung von anderen, anstatt auf Solidarität zwischen Menschen. Uns geht es dagegen um die Verteidigung sozialer Rechte für alle, den Schutz der Umwelt und die Förderung der Demokratie. Rassistische, rechtspopulistische und antiamerikanische Positionen lehnen wir ab. Mitglieder von AfD, NPD oder anderen Gruppen, die unser Prinzip der Solidarität nicht teilen, sind auf den Demonstrationen ausdrücklich unerwünscht!
Wenn dennoch Gruppen oder Einzelpersonen mit oben genannten Motivationen die Demonstrationen für sich und ihre menschenfeindliche Ideologie zu vereinnahmen suchen, werden wir sie nachdrücklich auffordern, die Demonstrationen zu verlassen.
7. Ist CETA allein ein Abkommen der EU, oder können die Mitgliedstaaten und ihre Parlamente mitentscheiden?
Die EU schließt ein Abkommen zusammen mit ihren Mitgliedstaaten ab, wenn es die Kompetenzen der EU überschreitet. Als ein solches „gemischtes Abkommen“ wurde CETA von den Mitgliedstaaten der EU eingestuft, als 2011 das Mandat für die CETA-Verhandlungen ergänzt wurde. Doch die EU-Kommission erklärte im Juli 2016 allein die EU für CETA zuständig – damit wären die Parlamente der Mitgliedstaaten von der Entscheidung über den Vertrag ausgeschlossen. Aufgrund des großen öffentlichen Protestes musste die Kommission einen Rückzieher machen. Sie behauptet jedoch, dies sei kein rechtlicher, sondern nur ein politischer Schritt – damit hält sich noch eine Hintertür in Richtung des Europäischen Gerichtshofs auf. Vor diesem läuft nämlich in gleicher Angelegenheit ein Verfahren zum EU-Singapur-Abkommen.Die Kommission erwartet nun, dass die Unterzeichnung von CETA im Rat der EU schnell beschlossen wird – ebenso wie eine „Vorläufige Anwendung“. Dies würde bedeuten, dass die Parlamente der Mitgliedstaaten zwar abstimmen können, der vollständige Vertrag jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits längst in Kraft wäre und damit Tatsachen geschaffen wären. Wir lehnen nicht nur CETA selbst ab, sondern auch alle Versuche, die Rechte der Parlamente auszuhebeln oder einzuschränken.
8. Ist TTIP nicht ohnehin tot?
Solange die Europäische Union die Freihandelsabkommen TTIP und CETA nicht offiziell für gescheitert erklärt, sind weder TTIP noch CETA tot.
Damit die EU zu dieser Einsicht kommt, muss der Widerstand in der Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten so groß sein, dass der Preis für die Abkommen zu hoch wird – auch wenn die Wirtschaftslobby bis zum Schluss um sie ringen wird. Nach dem Willen von EU-Kommission und Bundesregierung stehen die Ratifizierung und eine vorläufige Anwendung von CETA direkt bevor. Damit käme TTIP durch die Hintertür. Doch auch die Verhandlungen über TTIP selbst laufen diesseits und jenseits des Atlantiks weiter. Noch will die EU-Kommission die Abkommen nicht aufgeben.
Daher bleibt der Widerstand gegen TTIP und CETA mit seinen Demonstrationen in sieben deutschen Städten am 17. September weiter ganz oben auf der Tagesordnung der größten sozialen Bewegung in der Geschichte der Bundesrepublik.
Quelle: https://ttip-demo.de/?id=112