Zivilgesellschaft richtet offenen Brief an die Grünen
Ein Großteil der Organisationen des früheren “Landesbündnis für verantwortungsvolle
Handelspolitik“ haben anlässlich des Parteitages der Grünen einen offenen Brief bezüglich des
Freihandelsabkommens CETA verfasst. Darin wird davor gewarnt, die Grüne Position eines
klaren NEINs zum Freihandelsabkommen Ceta zu verwässern. Die Grüne Basis müsse jetzt klar machen, dass die Wähler*innen sich auf das Grüne NEIN zu
CETA verlassen können, wenn es zur Ratifizierung kommt, so Sarah Händel,
Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie e.V. „Die Grünen dürfen sich nicht zu den
Steigbügelhaltern einer Freihandelspolitik von gestern machen. Doch Ministerpräsident
Kretschmann scheint bereit, über die vielfältigen Gefahren von CETA hinwegzusehen. Eine
eindeutige Festlegung gegen CETA im Wahlprogramm ist deswegen von entscheidender
Bedeutung: das NEIN zu CETA darf keine Hintertüre offen lassen!“, fordert Händel.
„Das Freihandelsabkommen CETA wurde von Anfang an unter überholten Zielsetzungen
ausgehandelt“, so Dr. Brigitte Dahlbender, Landesgeschäftsführerin des BUND Baden-
Württemberg. Angesichts der heutigen Herausforderungen, müsse es zuallererst darum gehen,
durch internationale Abkommen eine ökologische Transformation der Wirtschaft aktiv zu
fördern, anstatt auf pauschales und vielfach umweltschädliches Wirtschaftswachstum zu setzen.
„Wir wissen, dass die kanadische Regierung in den Sitzungen zur Umsetzung von CETA das
Vorsorgeprinzip bei der Zulassung und Grenzwertsetzung von Pestiziden in der EU angreift.
Auch das Kapitel zu Biotechnologie verfolgt das Ziel, genmanipulierte Lebensmittel einfacher
auf die Teller der europäischen Verbraucher*innen zu bringen“, so Karl Bär vom Umweltinstitut
München. „Wer nicht bereit ist, ein solches Handelsabkommen zu stoppen, braucht von der
Agrarwende nicht mehr zu träumen.“
„CETA bedroht unser Recht, soziale Schutz-Standards bei Bedarf auch auszuweiten. Und es gibt Bedarf. Wir brauchen eine Handelspolitik, die Mensch und Umwelt mehr schützt als Gewinne“, fordert Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter.
„Abkommen wie CETA bedeuten vor allem: Mehr Wettbewerb, weniger staatliche Regeln,
Liberalisierung und Privatisierung. Dagegen spielen faire Löhne, geregelte Arbeitszeiten oder
Mitbestimmung der Beschäftigten meist keine Rolle. Auch Bildung, öffentliche Dienstleistungen
wie die Wasserversorgung oder Umweltschutz-Standards werden den Interessen der
Unternehmen untergeordnet. Zudem herrscht beim Thema Transparenz völlige Fehlanzeige.
CETA ist nicht geeignet, die globalen Ziele für Nachhaltigkeit zu erreichen, auf die sich die
Weltgemeinschaft verständigt hat“ ergänzt Martin Kunzmann, Vorsitzender DGB Baden-
Württemberg.
„Der Grüne Landesvorstand scheint der fehlgeleiteten Hoffnung anzuhängen, dass CETA im
Kern noch verändert werden könne“, kommentiert Ludwig Essig vom Netzwerk gerechter
Welthandel Baden-Württemberg den derzeitigen Formulierungsvorschlag für das
Wahlprogramm. Das Abkommen ist jedoch auf EU-Ebene und in Kanada ratifiziert und befindet
sich, ausgenommen der Schiedsgerichte und der regulatorischen Kooperation, schon in der
vorläufigen Anwendung. „Änderungen am Vertragstext sind nicht mehr möglich. Selbst wenn
schriftliche Nebenabsprachen erreicht werden könnten, hätten sie nur eine sehr begrenzteSchutzwirkungen. Bei einer Abstimmung im Bundesrat wird es darum gehen, das Abkommen
wie es ist zu akzeptieren oder abzulehnen. Daran ist nicht mehr zu rütteln“, so Essig. „Wir
fordern deswegen die Grüne Basis auf, beim Parteitag den Änderungsanträgen zuzustimmen, die ein sattelfestes Nein zu CETA ohne Hintertüren im Parteiprogramm verankern wollen.“
Hintergrund: Da Ceta in Deutschland von Bundesrat und Bundestag ratifiziert werden muss, wird auch die
Baden-Württembergische Landesregierung im Bundesrat dazu Stellung nehmen müssen, und
könnte dann das Zünglein an der Waage sein. Die Formulierung, die auf dem Parteitag am
12./13. Dezember dazu im Grünen Wahlprogramm verabschiedet wird, bildet bei einer grünen
Regierungsbeteiligung, eine starke Grundlage für die dann fällige Positionierung.
Die erste öffentliche Formulierung im Programm-Entwurf zu CETA enthielt folgenden Satz, der
die Möglichkeit einer späteren Zustimmung prinzipiell offen hält.
“Wir sind davon uberzeugt, dass es möglich ist, das Abkommen im Sinne der oben genannten
Kriterien zu verändern, solange es noch nicht endgultig in Kraft gesetzt ist.“
Es liegen mehrere Änderungsanträge vor, die sich für die Streichung dieses Satzes aussprechen.
Inzwischen wird noch verhandelt, ob es eine Formulierung ohne Hintertür geben kann. Genau
darauf zielt der offene Brief.
Bei Rückfragen melden Sie sich gerne hier:
Sarah Händel
Landesgeschäftsführerin
Mehr Demokratie e.V. BW
Mail: sarah.haendel@mitentscheiden.de
Homepage: www.mitentscheiden.de
Hier ist der offene Brief