Fluchtursache Handelsabkommen
Die sogenannte „Flüchtlingskrise“ beherrscht auch im Ostalbkreis die Diskussionen in Veranstaltungen im Vorfeld der Landtagswahl. „TTIP“ scheint vergessen.
Aktive Mitglieder im Bündnis „Ostalb gegen TTIP“ sind die Frauen vom Weltladen Aalen. Sie versorgen uns mit Informationen zu Handelsabkommen zwischen der EU und den Staaten der sogenannten AKP-Gruppe, wie zum Beispiel Kenia. Zusammenhänge zwischen den aktuellen Fluchtursachen und diesen Abkommen erscheinen schlüssig.
Die Europäische Union ist Verhandlungspartner nicht nur mit den USA über „TTIP“ oder beschließt Freihandels-Vereinbarungen wie „Ceta“ mit Kanada. Viele Jahre lang „verhandelte“ die EU auch mit 79 afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten der AKP-Gruppe um neue Wirtschaftsabkommen. Die EU setzte ihre Verhandlungspartner dabei massiv unter Druck: wer nicht unterschrieb, wurde zur Strafe mit Zöllen belegt (Quelle: Report NOV 2014). Die Vereinbarungen untersagen beispielsweise den EAC-Staaten (der Ostafrikanischen Gemeinschaft), Zölle auf Ausfuhren in die EU zu erhöhen oder neue zu erheben. Dies bedeutet nichts anderes, als dass sich die EU den Zugriff auf die wertvollen Rohstoffe aus diesen Ländern dauerhaft gesichert hat. [Podcast: Henning Hintze über EPA] Gleichzeitig musste sich Ostafrika vertraglich verpflichten, seine Zölle auf Importe aus der Europäischen Gemeinschaft weitgehend abzubauen.
Dies bedeutet für diese Staaten den Verlust dringend benötigter Einnahmen, um beispielsweise Bildung oder das Gesundheitswesen zu finanzieren. Aber auch der Schutz der eigenen Produktion wird dadurch zerstört. Kenyas Bäuerinnen und Geflügelzüchter verlieren ihre Existenzgrundlage, weil die EU die Überschüsse ihrer hoch subventionierten Agrar-Industrie künftig noch billiger auf die Märkte Ostafrikas bringen kann. Das sogenannte „Freihandelsabkommen“ schreibt ihr Verhältnis zu Europa auf Dauer fest: sie sind ein billiger Rohstofflieferant und ein wehrloser Absatzmarkt.So untergräbt das Abkommen allerdings jegliche Anstrengungen von Entwicklungshilfe. Arbeitsplätze und Existenzen werden vernichtet statt unterstützt.
„Die Expertengruppe „Fluchtursachen und Militärisch-Politische Strategien“, kurz FUMPS, sollte der Kanzlerin das komplexe Thema auf einen Nenner bringen. Nach Durchsicht der EPA-Abkommen lautet dieser: „Fluchtursache Nummer eins sind wir.“ (Quelle: medico.de medico-Rundschreiben 04/2015).